Es gibt Tage, die mir Geschenke überreichten die ich bis heute sehr schätze. Ohne Spektakel oder grossem Auftritt gewährten sie mir unvergessliche Einblicke in die grosse Stille des Herzens des Lebens.
Einer dieser Tage lief so ab:
Ich hatte gute 2 Wochen an meinem ersten Rainbow Gathering verbracht, das damals am Schwarzwasser Fluss in der Nähe von Bern stattgefunden hatte. Rainbow Gatherings gibt es weltweit jedes Jahr, in fast jedem Land. Es finden sich für 4 bis 8 Wochen Menschen zusammen die das Gathering gestalten ohne Gesetze, ohne Verantwortliche, ohne eine Führung. Alle sind gleich.
Es waren wunderbare 2 Wochen für mich, und als das Gathering zu Ende ging, entschloss ich mich, beim Abbau zu helfen. Ein grosses Tipi mit den Stangen, der grosse Aufbau einer Küche mit all ihrem Gerät, und vor allem das wieder herrichten der Natur, wie Feuerstellen wieder mit Gras bedecken und die Shitpits (Natur WC Anlagen) zu verschliessen lagen an.
Schon am ersten Tag arbeiteten wir hart, schleppten Stangen und Strohballen, und hatten weite Wege von unserem Lagerplatz bis zu den Traktoren und Bussen die das Material wieder weg fuhren. Während all dem Geschleppe und schwitzen und klettern und improvisieren fiel mir ein Rainbow Bruder auf, der - gar nichts tat. Er lag in der Wiese, kaute Kräuter und schaute uns beim schleppen zu. Die meiste Zeit arbeitete ich mit einer Rainbow Sister zusammen, und mehrmals an diesem Tag trugen wir zusammen schwere Lasten zu den weiter entfernten Fahrzeugen den Berg hinan. Mit jedem Mal wo ich an ihm vorbei ging, stieg mein Ärger über so viel Anteilnahmslosigkeit dieses Typen an, so dass ich beim 3. Mal, als wir in Richtung Lager leer an ihm vorbei gingen, eine Bemerkung fallen lassen musste: 'Ich kann nicht verstehen, wie man andern so teilnahmslos bei der Arbeit zuschauen kann.'
Nun, meine Rainbow Sister die mit mir arbeitete, ist eine langjährige Rainbowerin. Wunderschön aufgesteckte Dreads, dieses sanfte, lächelnde Wissen in ihren klaren braunen Augen, und sie selbst tief in ihrer Mitte verankert. Sie schaute mich an, und mit jenem Grundton in ihrer Stimme, der puren, unverfälschten Wahrheit, sagte sie: Ja, er ist ein fauler Mensch.
Somit war für sie der Fall erledigt. Ohne Groll, ohne Frust, ohne Anklage. Sie sagte es im selben Ton, als hätte sie gesagt: Heute ist ein schöner Tag. Oder: Schau, es ist ein Habicht in der Luft. Nichts weiter als eine wahre Feststellung.
Ich war vom Donner gerührt.
Wer bin ich, der da urteilt? Und wertet? Sind nur die Fleissigen richtig? Diejenigen die leisten? Und die andern sind minder im Wert? Wollte ich tatsächlich, dass dieser Rainbow Bruder sich so benimmt, damit es MIR passt? Auch wenn es nicht seinem Wesen entspricht?
Und ich sah in diesem Moment in das Herz des Lebens. Es lächelte mich an, und in mir formte sich folgender Satz: An jenem Tag, wo die Faulen in unserer Gesellschaft genau gleich viel Wert haben wie die Fleissigen, die Starken wie die Schwachen, die Sanften wie die Wilden, an diesem Tag hat die Menschheit es geschafft.
Am Abend, nach dem Abendessen, als wir alle müde von der Arbeit unsere Schlafsäcke um das Feuer ausgebreitet hatten, bot uns dieser faule Rainbow Bruder Massagen an. Und während er uns nacheinander in den Schlaf massierte, erzählte er magische Geschichten vom Herz des Lebens.....